Von Alain R. Müller, vom 22.06.20

Liebe Vertreter*innen des SBK, VPOD, der UNIA und SYNA

Mein Name ist Alain Müller. Ich bin dipl. Pflegefachmann HF und habe am 10.05.20 die berufspolitische Facebook-Gruppe “Für eine würdige Pflege in der Schweiz” gegründet. Sie versammelt Pflegende aus der ganzen deutschen Schweiz und zählt heute 1472 Mitglieder (Stand 22.06.20). Eine weitere Facebook-Gruppe “Solidarität für eine würdige Pflege in der Schweiz” steht allen offen, die sich solidarisieren. Eine Homepage und weitere Kanäle auf sozialen Medien, sowie die Ausdehnung in die französische und italienische Schweiz sind in Arbeit oder Planung.

Ich habe Euch bereits am 22.04.20 das erste Mal an Euch geschrieben. Mein Anliegen ist eine enge Zusammenarbeit Eurer Parteien, für uns Pflegende. Eure Zusammenarbeit ist wichtig, weil wir Pflegende – die Ihr ja vertreten wollt – Eure gemeinsame Schnittmenge sind. Eure Zusammenarbeit ist jetzt wichtig, weil die verstrichene Corona-Krise mittlerweile zu einer verstrichenen Chance wird, die wir nicht genutzt haben um im öffentlichen Bewusstsein zu bleiben. Das macht es zunehmends schwieriger politische Ziele zu erreichen.

Politische Mammutaufgabe

Ein weitere Begründung für Eure Zusammenarbeit ist, dass die Probleme und Arbeitsverhältnisse in allen Bereichen der Pflege, im Kern die gleichen sind. Die lange schon nötigen Veränderungen in der Pflege, um die Arbeits-, Aus- und Weiterbildungsbedingungen, die berufspolitische und öffentliche Besserstellung des Berufes, des Lohnes, etc. zu verbessern und zu sichern, sind für sich alleine schon eine politische Mammutaufgabe, die niemand alleine bewältigen kann. Aber das alles zu erreichen, reicht noch immer nicht.

Gleichzeitig und obendrauf müssen sich weitere Aspekte der Pflege weitreichend, tiefgreifend und nachhaltig verändern. Dazu gehört der ökonomische Blickwinkel der sich noch deutlich differenzieren muss. Weiter müssen wir Pflegende an Selbstsicherheit in unserer eigenen Profession, gegenüber anderen Berufsgruppen, der Öffentlichkeit und der Politik gewinnen – nicht nur um den politischen Kampf um die oben genannten Ziele aufzunehmen und diese zu erreichen, sondern auch um das Errungene zu halten. Dem gegenüber wirken aber die historisch klösterlichen Wurzeln störend und bremsend entgegen, die auch heute noch zu gesellschaftlich verbreiteten und teils sexistisch motivierten Abwertungen der Pflege führen. Diese sind ebenfalls auszuräumen, weil sie negativ auf uns, die Gesellschaft und die Politik und deren Entscheidungen wirken.

Veränderung in der Pflege dringend nötig

All diese hoch nötigen und legitimen Ziele und Veränderungen in der Pflege, der Gesellschaft und der Politik anzugehen, kommen einem revolutionären Unterfangen gleich – utopisch sind sie darum jedoch keineswegs! Umso wichtiger ist es, möglichst viele Pflegende berufspolitisch zu erreichen, zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Und ebenso wichtig ist es damit, dass alle Mitstreiter*innen – also Ihr, SBK, VPOD, UNIA, SYNA – mit ihrer Erfahrung und Expertise, einen gemeinsamen Auftritt, eine gemeinsame Kampagne aufzieht, um mit jedem möglichen Nachdruck zu unterstreicht, wie dringend diese Veränderungen in der Pflege sind!

Was im Gegensatz dazu ungünstig ist, sind konkurrierende, unkoordinierte oder gar widersprüchliche Einzelaktionen, oder Aktionen, die nur einen Teil der Pflegenden betreffen! Damit werden falsche Signale an die Pflegenden, die Öffentlichkeit und die Politik gesandt und das ist in der gegenwärtigen Situation fatal. Bezahlte Umkleidezeiten, ein 14. Monatslohn oder ein Gesamtarbeitsvertrag sind schön und gut, aber führen zu einer frühzeitigen und vermeintlichen Befriedigung, untergraben damit die Kampfmoral der Pflegenden und in der Politik und helfen darum und abgesehen davon wenig, unseren beruflichen Alltag grundlegend zu verändern.

Verantwortung Gewerkschaften

Verschiedentlich wurden mir von Euch Gründe aufgezählt, warum eine enge Zusammenarbeit unter Euch ‘schwierig’ sei. Lasst mich dazu folgendes sagen: Wir Pflegende haben es schwierig! – und das zunehmend und schon seit Jahren! Es ist Eure Verantwortung Euch zusammenfinden und uns im Kampf für unsere Interessen gemeinsam und vereint zu unterstützen und das auf allen Kanälen!

Es kann nicht sein, dass Eure Partikularinteressen, Rivalitäten oder Ressentiments unter Euch auch noch zu unserem Problem werden! Weltweit gibt es Parteien, die durch Kriege gespalten sind und trotzdem eine Zusammenarbeit zustande bringen – darum bin ich zuversichtlich, dass auch Ihr das hinbekommen könnt! Bei dieser Frage sollten wir Pflegende und nicht Eure Parteien im Zentrum stehen. Verbündet Euch für eine würdige Pflege! Vertretet uns! Wir sind viele! Wir sind relevant!

Freundliche Grüsse

Alain Müller

Dipl. Pflegefachmann HF

Für eine würdige Pflege