Von Alain R. Müller, vom 12.04.20

Liebe Gewerkschaften und Berufsverbände, liebe Pflegende

Die Gewerkschaften und Berufsverbände des Gesundheits-, insbesondere des Pflegepersonals, müssen jetzt – mehr denn je – ihre Aufgabe wahrnehmen und die vorhandenen und neu aufgekommenen Kräfte bündeln, koordinieren und gezielt einsetzen. Sie müssen unsere Interessen langanhaltend, durchgehend, auf hohem Aktionsniveau und stringent vertreten.

Gemeinsame Strategie der Gewerkschaften

Die Gewerkschaften und Berufsverbände müssen dafür und in unserem Interesse zusammenarbeiten und gemeinsam auftreten. Sie müssen eine gemeinsame Strategie fahren, um zu verdeutlichen, wie ernst die Lage im Pflegebereich ist und war und auch bleiben wird, wenn wir im Sinne der Pflegenden nichts daran ändern.

Nur ein gemeinsamer Auftritt von Gewerkschaften und Berufsverbände hilft uns, unsere Situation im schon lange nötigen Mass zu verbessern.

Wenn die Gewerkschaften und Berufsverbände nicht zusammenarbeiten, sondern nebeneinander her oder gegeneinander agieren, verlieren sie in ihrem Tun an Kraft, Aussage, Glaubwürdigkeit und vor allem an Wirkung.

In einem uneinigen Vorgehen würden Gewerkschaften und Berufsverbände unsere Interessen und Probleme, die wir in allen Bereichen der Pflege gleichermassen haben vernachlässigen. Denn der einzige Gewinn in einem uneinigen Vorgehen der Gewerkschaften und Berufsverbände läge lediglich in einem vermeintlichen Zuwachs an Mitgliedern der einen oder anderen Organisation. Der Gewinn an Mitgliedern hilft uns aber nur indirekt und nicht jetzt im Moment.

Wir brauchen Massnahmen

Was wir brauchen, sind Massnahmen, wie sie etwa die Pflegeinitiative vorschlägt. Darum ist jetzt die Zeit, um entschlossen und gemeinsam aufzutreten. Jetzt ist die Zeit der Pflegenden und nicht die der Gewerkschaften und Berufsverbände. Jetzt ist die Zeit derer, die sie vertreten und das sind heute die Pflegenden. Es ist die Pflicht und die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften und Berufsverbände, sich gemeinsam für uns einzusetzen, unsere Interessen zu vertreten und energisch einzufordern!

Es ist nicht die Zeit für die Gewerkschaften und Berufsverbände, sondern es ist die Chance der Gewerkschaften und Berufsverbände, ihre Glaubwürdigkeit und Potenz vor dem Hintergrund des Erreichten unter Beweis zu stellen und damit für neue Mitglieder zu sorgen!

Darum liebe Gewerkschaften und Berufsverbände: Steht zusammen! Bündelt unsere Kräfte! Koordiniert uns! Fordert unsere Anliegen ein, bringt sie auf den Boden! Macht uns Laut! Haltet uns in den Köpfen der Leute!

Die einzelne Pflegefachperson kann das nicht alleine auf ihrer Station, sie braucht euch!

Wir brauchen Euch

Was für die Pflegenden gilt, gilt auch für all die anderen der sogenannt «kleinen» Berufe. In den vergangenen Wochen hat sich gezeigt: Wer arbeitet unter hohem persönlichem Risiko und wer nicht. Es hat sich gezeigt: Wer arbeitet überhaupt und wer nicht (Dabei ist es egal ob COVID-19 nun gefährlich war oder nicht. Es hätte gefährlicher sein können und so oder so, an der Arbeitssituation hätte sich nichts geändert).

Die Arbeitssituation der vergangenen Wochen hat ein Bild gezeigt, das uns Fragen abnötigt.

Wie gerecht sind jetzt die Arbeitsbedingungen und Löhne in diesen Berufen? Warum ist das so? Warum verdienen die, die sich exponieren mussten und im Extremfall alles riskierten dermassen wenig Lohn und Respekt und die, die das nicht tun mussten, verdienen so viel?

Liebe Gewerkschaften und Berufsverbände: Konkurrenz unter euch ist falsch. Wenn wir, die Kleinen, nicht von den Grossen diktiert werden wollen, wenn wir nicht unter deren Räder kommen wollen, ist es wichtig, als ein Block zusammenzustehen.

Auch wenn wir damit im Vergleich zu den Grossen, nur die Grösse eines Kieselsteines erreichen, dann müsst Ihr dafür sorgen, dass wir in den Schuh der Grossen kommen, damit sie uns wahrnehmen und auf uns eingehen müssen!

Alain R. Müller

Dipl. Pflegefachmann HF