Von Jan

Wir bekamen eine Anfrage vom Zeitschriftenmagazin „Reader´s Digest Schweiz“ zu einigen Stichworten unsere Meinung abzugeben. Die vorgegebenen Themen waren folgende:

  • Wertschätzung durch Ärzte + Patienten
  • Arbeitsbelastung/Schichtarbeit/Wochenenddienste
  • Corona: Ängste/Sorgen/besondere Erlebnisse
  • Hygiene ist…
  • Was Sie als Patient tun….
  • ….und lassen sollten
  • – was mich freut…..
  • ….und ärgert
  • Mir platzt der Kragen, wenn…
  • Bleiben Sie gesund: mein bester Ratschlag
  • ein Patient, den ich nie vergessen werde
  • was ich an unserem Gesundheitssystem verbessern würde

Ich dachte mir, dass ich mich sehr gerne melden würde und falls sie meine Antworten in die Zeitschrift aufnehmen würden, haben sie auch die Erlaubnis von mir erhalten, diese unter meinem echten Namen zu veröffentlichen. Ich habe nicht zu allen Punkten etwas gesagt. Hier seht ihr meine Antworten:

· Wertschätzung durch Ärzte + Patienten

Das ist eine Frage, welche man nicht pauschal beantworten kann. Denn hier geht es um Menschen. Und so wie in jedem Beruf hat auch jeder Arzt und jeder Patient einen eigenen Charakter und Hintergrundgeschichte. Ich kann nicht sagen, alle Ärzte sind arrogant oder alle Patienten sind ungeduldig (typische Klischees), denn das stimmt einfach nicht und ich habe wirklich alles schon erlebt an Charakteren. Da gibt es Ärzte und Patienten welche unsere Arbeit extrem wertschätzen, andere behandeln einen wie Sklaven und wieder andere sind übertrieben dankbar, was auch nicht mehr lustig ist.

· Arbeitsbelastung/Schichtarbeit/Wochenenddienste

Wochenenddienste und Schichtarbeit, das sind Dinge diese kennt man einfach, wenn man sich bewusst für diesen Beruf entscheidet. Man weiss im Voraus, dass dies ein 24/7 Job ist. Deswegen sind die Wochenend- und Nachtzulagen ein Hohn für mich. Besser wäre es, diese Zulagen abzuschaffen, dafür diese im regulären Lohn mit einzuberechnen. So sähe zumindest mal ein Ansatz eines besseren Lohnes aus. Was aber wirklich an die Substanz geht, sind unregelmässige Dienste und der Tag/Nacht Wechsel. Wenn man Spätschicht bis 23:00 Uhr hatte und am nächsten Morgen wieder um 06:30 Uhr im Betrieb stehen muss, sowas zerrt an den Kräften. Oder wenn man z.B. vom 22. auf den 23. Nachtdienst hatte, am 23. sich erholen und schlafen muss und am 24. wieder im Tagdienst arbeiten muss. Sollte eigentlich nie vorkommen, passiert aber in der Praxis regelmässig (jedoch momentan in meinem Betrieb nicht). Es gibt in einigen Institutionen fixe Nachtwache Teams. Der Vorteil: Kein Tag/Nacht Wechsel. Der Nachteil: Für viele Unattraktiv, weil man am Leben vorbei lebt.

· Corona: Ängste/Sorgen/besondere Erlebnisse

In unserem Betrieb haben wir bisher den Coronavirus erfolgreich abwenden können, mit massiven Einschränkungen und Hygienemassnahmen. Ich sehe es als Chance für die Pflege uns in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen und aufzustehen. Wir sind dem Volk dankbar fürs klatschen, das Volk kann auch kaum etwas für unsere Arbeitsbedingungen, aber kurz nach dem Corona Höhepunkt waren wir wieder wie kein Thema mehr und nur vom klatschen, können wir unser Leben nicht finanzieren. Deshalb fordere ich die Gesellschaft auf, die Pflegeinitiative vom SBK (Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner) zu unterschreiben und uns bei unseren Anliegen zu unterstützen! Denn das hilft uns allen mehr, als das klatschen. Jeder von uns, egal wie jung oder alt, kann krank werden und dann wird man spüren, was es bedeutet eine qualitativ gute Pflege zu bekommen! Und ich bin mir sicher, dass ist etwas was wir uns in einer solchen Situation alle wünschen! Ich frage die Leser: Wollt ihr stundenlang im Alter in euren eigenen Ausscheidungen liegen, hilflos sich selbst zu reinigen und sich frisch anzuziehen?

· Was Sie als Patient tun….

Ich schreibe keinem gerne vor, was jemand zu tun und lassen hat. Wir sind auch nur Menschen und wir erziehen keine Patienten. Das einzige worüber ich immer sehr dankbar bin, ist wenn man freundlich und ein wenig Geduldig ist. Denn oftmals machen wir Pflegenden viele Dinge auf einmal und alle wollen etwas von einem. Da gilt es uns zu vertrauen, wir wissen was gerade Priorität hat und was nicht. Und glauben Sie mir, wenn Sie warten müssen, kann es sein das wir gerade jemanden anderem das Leben retten.

· Bleiben Sie gesund: mein bester Ratschlag

Leben Sie das Leben! Man kann nie alles Üble verhindern, man kann ungesund, aber auch zu gesund leben. Tun Sie das, was Ihnen guttut. Ihr Körper und ein gesunder Menschenverstand wird Ihnen Signale senden, wenn sie bei irgendwas übertreiben.

· was ich an unserem Gesundheitssystem verbessern würde

Die Kompetenzen der Pflegekräfte anpassen. Wir müssen zum Beispiel wegen eines Kompressionsstrumpfes uns beim Arzt melden, welcher dieser dann uns verordnet. Das sind Dinge, welche die Kosten nach oben treiben! Nicht der Lohn der Pflegekräfte. Wir sind sehr gut geschult und könnten viele Probleme auch selbst beheben, ohne den Arzt kontaktieren zu müssen. Ausserdem werden Berufsbildner, welche die Lernenden im Betrieb ausbilden, mit ihnen mitlaufen, ihre praktischen Prüfungen abnehmen und noch vieles mehr, in sehr vielen Betrieben für diese Arbeit nicht bezahlt. Und diese Dinge muss ein Berufsbildner noch neben dem normalen Arbeitsalltag zusätzlich erledigen. Hier geht es um unsere Zukunft, da lohnt es sich Zeit und auch Geld zu investieren. Wer bildet denn die zukünftigen Lernenden im Betrieb aus, wenn keine finanzielle Wertschätzung entgegenkommt? Und zum Schluss: Da sehr viel diplomiertes Fachpersonal fehlt, müssen in vielen Betrieben Fachfrauen/Männer Gesundheit (eine 3-Jährige Lehre), die Tagesverantwortung übernehmen. Dies bedeutet die Übernahme von Kompetenzen der Studierten Fachpersonen und eine enorme Verantwortung über die Patienten. Und dies ohne zusätzlichen Lohnbonus!